Mir verschlug es nicht nur
die Sprache, sondern ich erfasste sehr schnell, der Tod hatte mich zu
sich einbestellt. Ich befand mich bereits in seiner Wartehalle. Was war
mit meinen vielen Plänen, die ich, für später einmal,
geschmiedet hatte? Das Glück, hatte es mich für immer
verlassen? Ängste und Verzweiflung machten sich in mir breit. Doch
eine Panik blieb aus, denn andere Gedanken schlichen sich ein, solche
der Hoffnung, wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen...
Ich fand sie, die Nadel im Heuhaufen, in
Form von Prof. Dr. Merkle im Katharinenhospital in Stuttgart. Er
bestätigte zwar die Diagnose, war aber bereit, mich doch noch zu
operieren (Whipple´sche OP). Hoffnung erfüllte mich,
ließ mich 11 Tage Heilkoma, sieben Wochen schlimmster Qualen und
21 Kilogramm Gewichtsabnahme ertragen. Ja, ich lebte von dieser Hoffnung
und gab mich nicht auf!
Doch schon im Jahre 1999, als ich
glaubte alles überstanden zu haben, musste ich mich nochmals meinem
Schicksal stellen. Sollte meine wahre Stärke einer weiteren
Prüfung unterzogen werden? Unmenschliche Schmerzen durchzogen meine
Organe, ließen mich erahnen – der Krebs war zurückgekehrt. Es
folgte eine niederschmetternde Diagnose. Das neue Rezidiv (Geschwulst)
war in die Verzweigung der Hauptschlagader hinweingewachsen und verengte
mit seinem Wachstum die Blutzufuhr meiner so lebenswichtigen inneren
Organe.
War das nun das Ende – ich war
überzeugt davon, dass es das nicht sein konnte, denn wo lag da der
Sinn!
Hatte ich bisher sinnlos gelebt – alles
mit seelischen und körperlichen Qualen überstanden, um jetzt
noch qualvoller zu sterben? Mich peinigten dieses Mal keine Zweifel –
ich war ganz hoffnungsfroh und überzeugt davon, dass ich vor meiner
größten inneren Prüfung stand.
Ich nahm die Diagnose und mein Schicksal
an – doch nicht in Ergebenheit – sondern kämpferisch.
Neue Hilfe erhielt ich durch den Onkologen Dr. Riess in
Niefern-Öschelbronn, der mir, damit der Tumor mich nicht sofort
besiegen konnte, wöchentlich ein Mal eine Chemotherapie mit Gemzar
verabreichte. Dieses Chemomittel war zwar nicht geeignet, den Tumor zu
zerstören, doch es konnte sein rasches Wachstum auf mehrere Monate
verzögern. Gegen die anhaltenden Schmerzen bekam ich Morphin, doch
das Mittel raubte mir die Lebensqualität, in dem es mir 5 Tage in
der Woche sehr schlecht erging. Es folgte regelmäßiges
Erbrechen, Verlust der gesamten Behaarung und eine lang anhaltende
Schlaflosigkeit.
Immer wieder kamen sie, meine
Ängste, Verzweiflung breitete sich aus, denn mit jeder
Verabreichung von Gemzar verschlechterte sich mein Blutbild. Mir war
klar, irgendwann kommt der Tag, dann muss mein „Lebensverlängerer“
(Gemzar) abgesetzt werden.
In einer der vielen schlaflosen
Nächte setzte ich mich an meinen PC und versuchte meinen bisherigen
Lebensweg nieder zu schreiben. Mich befiel die Angst, für meine
Söhne und deren Kinder „nichts Sinnvolles“ zu hinterlassen – zu
schnell vergessen zu werden.....
Eine neue Art von Angst, eine, die ich bisher noch gar nicht kannte.
Doch bald erkannte ich, dass dieses
nächtliche Schreiben „eine neue Form des Lebens“ für mich war!
Mir wurde dabei bewusst:
„Schreiben ist Leben,
heißt,
viel zu erleben.
Ich schreibe,
weil ich lebe.
Ich schreibe,
um zu leben,
um zu überleben.
So entstanden als eine Art „Nachlass“
viele liebevolle Kurz-Geschichten, sie umschreiben Teile meines Lebens,
meiner Erkenntnisse, meiner Fehler und vor allem meine starke „Hoffnung“.
Mir wurde auf meinem neuen Weg, welchen ich für mich
wiedergefunden hatte, bewusst: „Es ist wohl das größte Wunder, dass es trotz allem immer
noch und immer wieder "Hoffnung"
gibt, Hoffnung auf eine bessere
Welt, auf eine andere Art zu leben“.
Im Juli 2000 war es dann so weit, – mein
Blutbild war zerstört – Gemzar, mein „Lebensverlängerer“,
musste abgesetzt werden. Was nun? Noch ein Wunsch war in mir offen!
Einmal noch, einen Kindheitstraum erfüllen, noch einmal abtauchen
dürfen in die Wildnis der Wälder und Seen des Algonquin
Nationalparks in Kanada.
Diese drei Wochen mit Rucksack und Kanu
waren ein Quell für meine gequälte Seele.
Danach kam die Realität zurück
– man steckte mich in die Kernspin-Röhre – wollte sehen – wie sich
mein Feind, mit dem ich jeden Tag und jede Nacht verbracht hatte, ohne
Gemzar entwickelt hatte. Ja, er war mein Feind, weil er langsam mein
Leben verschlang – doch, obwohl er mein Feind war, sprach ich die vielen
Monate ständig mit ihm.. Und er, er muss mich gehört haben,
denn nach der Untersuchung stellte sich heraus, dass er, mein Feind, der
Tumor, mich bzw. meinen Körper verlassen hatte.
Ich war einer derjenigen Krebskranken –
die am eigenen Leibe eine medizinisch unerklärbare (CR)
Komplettremission erleben durften.
Mir war klar, ich hatte an mir selbst
ein WUNDER erlebt. Es gibt sie also auch außerhalb der Bibel, -
wirkliche und wahrhaftige WUNDER -!!!
Ich erinnere mich noch genau - beim
Schreiben einer meiner Kurzgeschichten – da glaubte ich, die Hexe „Litha
vom NoorLand“, über die ich mehrere Geschichten geschrieben hatte –
raunte mir nachfolgende Worte zur Ermutigung zu:
„Selbst in dunklen,
angsterfüllten Momenten suche ich nach Lichtern,
die Sterne für Dich sein können.
In den Nachtzeiten, wo der Schlaf nicht kommen will,
weil die Angst bei Deiner Seele anklopft,
suche ich nach dem Licht, das ich Dir schicken möchte.
Mit allen Gedanken und Gebeten bin ich in Deiner Nähe.
Die „Hoffnung“ aber sagt mir,
- unsere Pilgerfahrt auf diesem Planeten hat erst
begonnen.
Ich lege meine Hände auf Deinen Körper und schicke Dir Heil
und Licht.
Ich nehme jetzt Deine Hände in die meinen und begleite Dich eine
kleine Weile,
weil DU mich jetzt brauchst.“
Aus eigener Erfahrung sage ich allen Betroffenen, die glauben, keine
HOFFNUNG zu haben:
.
« Es ist gut, auch in den schlimmsten Momenten unseres
Lebens an die „HOFFNUNG“ zu glauben,
denn ohne sie sind wir längst gestorben, selbst wenn wir noch
atmen....» (rehiba2000)
Weil ich meinen neuen Weg fand, gehe ich ein kleines Stück davon
mit anderen Betroffenen
und wurde so Initiator der Männerselbsthilfegruppe im Landkreis
Freudenstadt
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